Project Description

Thomae-Brunnen zu Dresden

Galerie

Bilder zum Vergrößern anklicken

Beschreibung

  • 1999 – 2003

  • Reinhardtsdorfer Sandstein, Lohmener Sandstein

Wie in früheren Aufzeichnungen bereits niedergelegt, ist im Hinterhof der Hauptstraße 17 um 1718 Johann Benjamin Thomae eingezogen. Um ebenjene Zeit entstand dann auch der Krebsbrunnen vor dem Eingangspavillon, durch welchen man in das Atelier- und Wohnhaus des Bildhauers gelangte. Die Thomaesche Handschrift ist am Brunnen deutlich erkennbar.

Die Aufgabe bestand darin, der Formensprache des Schöpfers von diesem Brunnen zu begegnen, sein Anliegen sich zu vergegenwärtigen, seine Möglichkeiten einzugrenzen und aus dem Schatz der Analogien die richtigen Schlüsse zu ziehen, um dem Fragment die Thomaesche Handschrift zurückzugeben.

Der Brunnen besteht aus einem typisch barock geschwungenen Becken. Auf dem künstlichen Felsenbossen ruht eine Wurzel, geschmückt mit einem Krebs sowie Seerosenblättern und Algen. Diese trägt eine Muschelschale, aus der ein Akanthusblatt wächst. Kurz oberhalb befindet sich ein Maskaron, welches Wasser in die Muschelschale spritzt.

Mit dem Brunnen hat Thomae der Fassade des Pavillon eine Basis geschaffen, auf der das Fenster als Säulenschaft das Giebeldreieck trägt. Typische barocke Elemente finden sich in Form des Brunnenbeckens sowie des Zapfenwerkes daran, der Wurzel mit Seerosenblättern, den Algen sowie einer Tierdarstellung. Diese Komposition wird unterstützt durch künstliche Felsenformationen.

Ein eindrückliches analoges Beispiel dafür finden wir zum einen in einem der Kavaliershäuschen des Barockgartens in Lichtensee-Tiefenau, wo zwei Wandbrunnen in ähnlicher Manier von Thomae gefertigt wurden. Eine weitere Analogie, welche ca. 50 Jahre später durch Carl Friedrich Schäfer entstand, ist der Venus-Brunnen in der Fasanerie Moritzburg.

Die fast naturalistisch gestaltete Muschelschale, die von einem Akanthusblatt durchbrochen wird, zeigt die typische Herangehensweise im Barock. Horizontale Linien werden soweit wie möglich von plastischen Elementen überspannt, was an dem Maskaron dergestalt zu sehen ist, das dieses die Fensterbank in seiner Länge teilt und so wachsen zwei Bauelemente ineinander. Die Verschmelzung verschiedener Bauelemente ist so auf recht einfache und harmonische Art gelungen.

Die Rekonstruktion begann damit, dass ich die zum Brunnen gehörenden Teile zusammentrug und zusammenstellte. Anschließend wurden alle Bruchstücke an ihren ursprünglichen Platz verbracht. So war es erstmalig möglich, eine detaillierte Zeichnung anzufertigen. Eine Untersuchung nach Farbfassungen brachte keine Ergebnisse, sodass die zur Wiederverwendung bestimmten sechs Beckenteile gereinigt und entsalzen wurden. So vorbereitet konnten die Teile mit Edelstahlstäben und einem Mörtel aus Sand und Trasszement an den vorbereiteten Platz gesetzt werden. Drei herausgebrochene Stücke vom Zapfenwerk wurden mit Edelstahlstangen an ihrem Platz fixiert und mit einer Masse aus Sand und Trasszement anmodelliert. Das neuentstandene Brunnenbecken wurde mit einer Bleiwanne versehen, bevor die Bildhauerarbeit hineingestellt wurde.

Durch die extrem starke Verwitterung des unteren Teils, dem Muschelbecken mit Akanthusblatt, sowie dem Maskaron, war es notwendig, vergleichende Studien über Verwitterungsstrukturen voranzustellen. Vergleichende Studien bedürfen einer langen Erfahrung, die man dadurch bekommt, indem man die Strukturen selbst schlägt, sowie mit den Verläufen der Jahrhunderte und mit der Arbeitsweise anderer Kollegen vergleicht. Mit Streiflicht war es mir möglich, letzte Spitz- und Zahnhiebe zu erkennen, die z.B. beim Erarbeiten der Rinde der Wurzel notwendig waren. Beim Akanthusblatt, dem Stück, welches auf dem Muschelschalenrudiment steht ( das Steinstück unter dem Maskaronrudiment aufgestellt auf der Säule) war der eindeutige Hinweis auf der Rückseite. Zwei leicht schräggestellte Rinnen zeigten deutlich, dass die Form dreigeteilt war. Die klassische Form des Akanthusblattes ist grundsätzlich in drei Hauptblattlappen geteilt, sowie wiederum jede weitere Spitze. Zwei große viereckige Dübellöcher auf der hinteren Seite des Muschelbeckens schienen für den ersten Moment keinen Sinn zu ergeben, doch im Laufe der Rekonstruktion wurde deutlich, dass der obere Teil des Akanthusblattes mit starken Kupferdübeln auf der Muschelschale befestigt wurde, da die Drange (Steinplatte), die Thomae verwendete, nicht ausreichte. Die all zu groß geratene Dimension der Kupferdübel machte sich notwendig, um das angesetzte Stück mit Fäustel und Eisen an die untere Muschelschale anarbeiten zu können. Der vordere Rand der Muschelschale war auf zwei Fotografien von 1955 noch recht gut zu erahnen.

Das Aufmodellieren auf den Originalen erfolgte, indem ich die Originalsteine mit einer Tonschlämme überzog. Anschließend wurde mit Gips aufmodelliert. Bei überkragenden Teilen kam ein Edelstahlgerüst zum Einsatz, welches angekeilt wurde.

Die bei dieser Rekonstruktion zusammengetragenen Maße fanden in der Rekonstruktionszeichnung, ihren Niederschlag.

Für die Rekonstruktion des Maskarons standen die bereits erwähnten zwei Fotografien aus dem Jahr 1955 zur Verfügung, welche allerdings auch nur ein recht rudimentäres Bild zeigten. Die hauptsächliche Aussage war das rechte Auge, es war gut zu erkennen und gab einen wesentlichen Impuls, in welcher Weise der Kopf künstlerisch gestaltet war. Am originalen Stein (auf der Stele aufgestellt) war mittig unten ein Knoten mit Tuchenden noch gut zu erkennen. Im Streiflicht fanden sich sogar noch originale Bearbeitungsspuren, so dass ich dieses Detail in Gips abgoss und in das Tonmodell einarbeitete. Ich habe in diesem Fall nicht auf die Originalsubstanz modelliert, um es während des Rekonstruktionsprozesses jederzeit unverfälscht untersuchen zu können. Nach weitläufigen Recherchen fand ich die zugehörigen Teile. Ein Stück Leinen, als Fächer gebügelt und im zweiten Drittel um ein Tuch geknifft. Dieses Accessoire wurde durch eine Silberspange zusammengehalten, und so als Holländische Radhaube, der Zeit entsprechend, mit jenem Tuch um den Kopf gebunden. Da Radhauben meistens mit einem Chemisette in Verbindung gearbeitet wurden, untersuchte ich erneut das Original. Ich fand mit Hinzunahme des Streiflichtes gearbeitete Kanten. Diese Enthüllung ließ zweifelsfrei auf ein Spanisches Chemisette schließen. Des weiteren untersuchte ich ebenfalls das Foto mit der Frontalansicht. Die Schwünge waren auch hier sichtbar, die ein solches Bekleidungsstück in dieser Art und Weise ausmachten. Die Haare, Rollwerk und die darin befindlichen Blätter waren aus Analogien gut zu rekonstruieren. Mit diesen Studien war die Rekonstruktion des Maskarons und der gesamten Brunnenanlage, abgeschlossen.

Anzumerken wäre noch, dass bei einer derartigen Rekonstruktion die einzelnen Bildteile im gleichen Werte behandelt werden müssen, damit die Arbeit nicht ihren Zusammenhang verliert.

Das so entstandene Modell wurde anschließend mit einem Münchner Punktiergerät in Reinhardtsdorfer Sandstein übertragen. Die unteren vier Sockelsteine, hinter denen sich auch der Überlauf des Wassers befindet, sind aus Lohmener Sandstein. Dieser Stein ist durch seinen hohen Quarzitanteil wesentlich wasserresistenter.

Um den Brunnen in seiner ursprünglichen Bearbeitungsstruktur wiederbeleben zu können, war es unabdingbar, ihn von vornherein mit Fäustel und geschmiedeten Eisen zu kopieren. Die Gewöhnung an das Material ist damit gegeben und es entstehen so keine Brüche im Gesamtbild. Man sollte sich allerdings immer die Option offen halten, vor Ort Feinabstimmungen vornehmen zu können, falls besondere Lichtverhältnisse dies erforderlich machen.

Das Setzen der einzelnen Teile erfolgte wie bereits am Brunnenbecken beschrieben.

Die einzelnen Arbeitsschritte wurden mit dem Denkmalsamt Dresden abgestimmt und durch dieses abgenommen.